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Steife Prise

Ein Butler ist definitionsgemäß ein Diener, einer, der auch Personalverantwortung hat, der für verschiedene Bereiche des Hauses verantwortlich ist (z. B. auch den Weinkeller). Wie der Begriff „Diener“ schon sagt, bedient der Butler auch seine Herrschaft und die Gäste. Traditionell ist er in Adelshäusern angestellt, aber auch in Repräsentanzen. Ein Butler ist eine wichtige Funktion in einem großen Haushalt. Außerdem ist ein Butler (oder auch sein weibliches Pendant, die Hausdame) qua Aufgabe immer irgendwie eine Jungfrau: Ohne Fürsorge kein Dienen.

So ein Butler ist Willikins, der seinen Dienst für Lady Sybil Käsedick und ihren Ehemann Samuel Mumm, seines Zeichens Kommandeur der Stadtwache Ankh Morporks, versieht. Und er ist ein Butler, der seine Aufgabe verdammt ernst nimmt!!

Wie gesagt, ein Butler bedient seine Herrschaft. Da er üblicherweise auch im Haus wohnt und den ganzen Tag um seine Leute herum ist, bleibt es nicht aus, dass sich „Herr und Gescherr“ gut kennen lernen. Das ist gut für einen Butler, denn so kann er die Bedürfnisse und Anforderungen seiner Brötchengeber auf allerbeste Weise lernen und sein Wissen hoffentlich zum Nutzen seiner Vorgesetzten anwenden. Das kann sein, dass er, wie im Falle Willikins, dem Kommandeur morgens nur die weniger aufregenden Artikel aus der Ankh Morpork Times vorliest, damit sich Mumm bei seiner Rasur nicht versehentlich den Hals aufschlitzt … Oder dass er seinem Boss mitteilt, dass ihre Ladyschaft leider sehr nachdrücklich darauf bestanden hat, dass ihr Gatte keinen gebratenen Speck mehr zu sich nehmen soll – auch wenn Willikins sich ansonsten gerne zusammen mit seinem Herrn ausdenkt, wie man denn bestimmte Wünsche der Dame des Hauses umgehen könnte.

Butler mit Lebensschule

Foto mit Alonzo Fields, Butler im Weißen Haus unter Hoover, Roosevelt, Truman und Eisenhower.

Alonzo Fields (1900-1994) war 21 Jahre lang Butler im Weißen Haus. Er servierte unter anderem Theodore Roosevelt und Herbert Hoover Kaffee und Tee. Im Gegensatz zu Willikins hatte Mr. Fields auch einen Vornamen. Trotz seiner ansonsten harten Art lächelt Willikins bestimmt genauso freundlich wie Fields, wenn er zum Beispiel mit Mumms sechsjährigem Sohn Kuhkacka untersucht …

Willikins ist ein sehr guter Butler. Er führt alle Aufgaben zur Zufriedenheit aller aus. Er ist – und das kommt seinem Chef Sam Mumm sehr entgegen – aber auch ein Butler mit eigenem Gehirn, das er gerne benutzt. Siehe den Speck.

Dazu kommt, dass Willikins eine recht intererssante Vergangenheit hat, die gerade im Dienst mit einem Kommandeur der Ankh-morporkianischen Stadtwache richtig hilfreich ist: Er hat seine Kindheit in einer der Straßenbanden der großen Stadt verbracht. Jeder, der auch nur ein Buch über Ankh Morpork gelesen hat, weiß, was das zu bedeuten hat: Kämpfe bis auf’s Blut, perfekter Umgang mit Waffen aller Art, eine gute Portion Gerissenheit, Verschlagenheit und nicht zuletzt die Fähigkeit, jeden Vorteil zu nutzen, der sich einem bietet. Jemand mit dieser „Ausbildung“ ist der perfekte Diener für Mumm. Nämlich einer, der nicht nur das Silber auf Vordermann bringen und die einzelnen Jahrgänge klatschianischer Weine beurteilen kann, sondern einer, dem man seinen sechsjährigen Sohn in den brenzligsten Situationen anvertraut und weiß, dass der Junge bestens beschützt ist.

Und Willikins ist so einer: Er ist seiner Herrschaft treu ergeben, hat keinen Hang dazu, seine kriminelle Vergangenheit in der Gegenwart in Form von Betrügereien gegenüber Mumm und seiner Familie fortzuführen. Er ist loyal, ehrlich und fürsorglich und absolut vertrauenswürdig – solange man zur Familie gehört.

Ein waffenfähiger Butler

Gehört man nicht dazu, hören all die tollen Eigenschaften Willikins schlagartig auf. Ist man Gast, ist er höflich und professionell. Bittet ihn sein Herr, jemanden zu beschützen, tut er das mit aller Kraft – solange der Befehl gilt. Glaubt er seine Lordschaft bedroht, greift er zu seinem liebsten Freund, einer Burlich und Starkimarm, einer Armbrust von ausgesuchter Qualität, die er meisterhaft bedienen kann. Er kann etwa zwischen vielen Beinen durchschießen, um einen Besenstiel zu treffen und so eine Horde wildgewordener Jungs daran hindern, einen anderen zu malträtieren.

Aber Butler kann mit allen Waffen umgehen, in jungen Jahren warf er auch gerne mal mit seinem Hut, dessen Hutkrempe aus Metall bestand, mit einem scharfgeschliffenen Rand. Da Kommandeur Mumm gern und oft und auch im Urlaub auf neue, heikle und komplizierte Fälle trifft, findet er es sehr gut, einen Menschen wie Willikins an seiner Seite zu haben. Sowohl hinsichtlich der Sicherheit, als auch der kleinen Geheimnisse, die Ehemänner vor ihren Frauen haben wollen. Wie etwa, dass Willikins sich um die Waffen kümmert, die Sam nicht mit in den Urlaub nehmen soll …

Jungfrau mit Grips

Eine Jungfrau wie Willikins ist eine Art Jungfrau von Orléans, zumindest, was die Rüstung und die Waffenausstattung angeht. Jungfrauen mit einer Stelle als Butler sind in der gängigen Literatur mit allen Wassern gewaschen, sind intelligent und klug und wissen auf vielfältige Weise, ihre Brötchengeber, aber auch ihre Lieben zu schützen. Wenn’s sein muss, mit Waffengewalt, List und Tücke und – in manchen Fällen – auch mit ausreichender Kenntnis der Steuergesetze.

Liebe Jungfrauen: Auch ihr habt diese Kraft in euch! Seid euch bewusst, dass ihr alle Fähigkeiten habt, um die Leute zu schützen, die euch wichtig sind – egal, ob im Job oder in der Freizeit. Vielleicht lasst ihr die Armbrust und die große Wumme weg und nehmt lieber euren Grips zur Hand, das passt besser zu unserem Umfeld. Aber seid aufmerksam und klug und schlau und helft denen, die sich nicht selbst helfen können.

Und auch alle Nicht-Jungfrauen sollten sich einfach ’ne Scheibe davon abschneiden!!

Interessiert? Hier die Fakten:

Titel Steife Prise
Autor Terry Pratchett
Seiten 445
Ausstattung Taschenbuch
Verlag Manhattan
Jahr 2012

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Foto: © White House employee [Public domain], Wikimedia Commons