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Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär

Hunderte von Kindern sind mit den Fernseh-Geschichten aufgewachsen, die Käpt’n Blaubär abends in seinem Schiff seinen bunten Enkeln erzählt … Hunderte kleiner Zuschauer haben sich kringelig gelacht über Blaubärs abstruse Geschichten, die die Enkel oft, wenn nicht fast immer, als Lügen oder zumindest als sehr weit hergeholt entlarven.

Und dann kam die Biographie des blauen Bärs: Sein Erfinder Walter Moers schrieb „Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär“ und ab sofort wusste man, warum Blaubär so und nicht anders ist. Ein Leben voller Abenteuer und kuriosen Erlebnissen prägt Mensch und Bär und es wäre echt verwunderlich, wenn dieser „Opa“ seinen Enkeln etwas anderes als sein Seemannsgarn vorspinnen würde.

Dein Freund, der Bär

Was in dieser Biographie aber auch deutlich wird: Blaubär ist nicht nur ein intelligenter Bär, sondern vom Sternzeichen her Stier. Stiere sind ja sehr einfühlsam, kommen prima mit ihren Mitwesen aus und wissen, was gut ist. All diese Tugenden vereint der Blaubär in sich.

Auch wenn die Kindersendung mehr seine Storys in den Vordergrund stellt, seine verqueren Erlebnisse und seine vielleicht oft übertriebenen Heldentaten – liest man seine Biographie, lernt man den Stier Blaubär kennen.

Schon in seiner Zeit als Pflegekind bei den Zwergpiraten – als er eigentlich noch ein Baby und Kleinkind war – merkt man das. Kaum kann er krabbeln, hilft er den höchstens zehn Zentimeter großen Piraten, ihr Schiff zu steuern und zu scheuern und ist auch überhaupt nicht böse, als sie ihn schließlich mit einer Flasche Algensaft und einem Algenbrot auf einer Insel absetzen – ist er doch viel zu groß für das winzige Schiff der Piraten geworden. Und Blaubär will nicht, dass seine bisherigen Zieheltern wegen ihm absaufen.

Diese Empathie taucht immer wieder auf. So hilft er einem Tyrannowalfisch Rex, einer Art Zyklopenpottwal. Er schafft es, nicht aus Versehen von dem Riesenvieh gefressen zu werden, sondern auf den Rücken des Tieres zu kommen. Dort sieht er Hunderte von Harpunen, die im Rücken des Tyrannowalfischs stecken. Blaubär hat die Idee, sich aus den Harpunen ein Floß zu bauen und dann weiter zu segeln. Aber er vergisst sein Ziel, als er merkt, dass der riesige Walfisch wohlig seufzt, sobald ihm eine Harpune aus dem Fleisch gezogen wird. Das riesige einäugige Wesen merkt trotz seiner Größe, dass ihm da jemand etwas Gutes tut – und der Bär tut dem Tier gern den Gefallen. Ja, er vergisst total, dass der Fisch wieder tauchen wird, sobald alle Harpunen entfernt sind und er dann möglicherweise einfach untergeht. Hier erlebt der Leser das erste Mal das Mitgefühl von Käpt’n Blaubär.

Der Tyrannowalfisch bringt Blaubär in die Nähe einer Insel, bevor er wieder abtaucht. Er taucht auch so sanft, dass dem Bären kein Leid geschieht. Und damit gelangt der junge Bär zur Feinschmeckerinsel. Von hier wird er von dem Rettungssaurier Mac gerettet, der ihn als Navigator anstellt. Blaubär hilft wieder einem Wesen, dass ohne ihn schlechter dran wäre: Mac kann nicht mehr gut sehen, aber um Rettungssaurier zu sein, muss man die Wesen sehen können, die gerettet werden müssen. Und auch den Weg zum Rettungsort sollte man ohne größere Blessuren schaffen können. Mac ist leider im Lauf der Jahre etwas kurzsichtig geworden. Und da der Saurier Blaubär sympathisch findet, bittet er ihn, ihm in seinem letzten Berufsjahr vor der Rente als Navigator zu unterstützen. Blaubär macht mit und lernt so eine Großteil der Erde kennen.

Der Sympathiebär

Nachdem die Zwergpiraten ihn abgesetzt haben und der blaufellige Bär eine Weile bei den Klabautergeistern gelebt hat, baut er sich ein Floß, dass ihn von der Insel wegbringt – und begegnet den Tratschwellen. Tratschwellen sind gemeinhin keine sehr netten Wesen. Sie hängen oft in Flauten herum und bringen ihre Opfer um den Verstand, indem sie lauter blöde Witze erzählen, fiese Scherze machen, zynische Bemerkungen fallen lassen und so fort. Aber Blaubär rührt sie an: Er kann noch nicht sprechen, der arme Kleine. Und so helfen sie ihm und bringen ihm alles bei, was es zu reden gibt, und nicht nur das. Sie lehren ihn nicht nur Worte, sondern geben ihm auch gleich eine gehörige Portion Sprecherziehung mit, sie zeigen ihm, wie man zu verschiedenen Gelegenheiten die richtigen Worte findet oder einfach mal so herumlallt.

Panda, blau gefärbt

Käpt’n Blaubär hat ein aufregendes und gutes Leben – und er genießt es die meiste Zeit!

Das ist übrigens ein weiterer Stieraspekt, den man in Blaubärs Biographie immer wieder erfährt: Fast alle Wesen, denen der Käpt’n begegnet, mögen ihn. Kaum einer, der von vornherein gegen ihn ist oder ihm schaden will. Klar, da ist der Stollentroll – aber Stollentrolle sind immer fies, hinterlistig und gemein, egal zu wem. Mac mag Blaubär, Professor Doktor Abdul Nachtigaller (sein Nachtschullehrer) geht gut mit ihm um, seine Schulkameraden Fredda und Qwert Zuiopü können ihn gut leiden, die Gimpel finden ihn super und mit den Leuten, die im Ewigen Tornado wohnen, kommt er nach ein paar anfänglichen Schwierigkeiten auch zurecht. Gleich zu Anfang seiner Reise durch den Bollogg-Kopf lernt er 16U kennen, eine schlechte Idee. Sie werden Freunde und 16U hilft Blaubär, wo sie nur kann. Er verdankt ihr sogar einige Male sein Leben. Und in Atlantis lernt er gleich am ersten Tag seinen besten Freund kennen, Chemluth Havanna. Der geht sogar mit ihm arbeiten, und zwar alles, was Blaubär so annimmt, macht er auch. Die beiden werden unzertrennlich.

Der Genussbär

Ein weiterer Aspekt des Stieres ist seine Genussfreudigkeit. Auch die findet man bei dem Pelztier. Bestes Beispiel ist sein Aufenthalt auf der Gourmetica Insularis. Diese Insel ist in Wirklichkeit das Lockinstrument einer sehr großen fleischfressenden Pflanze. Die Insel ist voll von kulinarischen Genüssen, alle bereit, verzehrt zu werden. Die Gourmetica mästet ihre Opfer, bis sie ordentlich was auf die Waage bringen. Aber: Hier auf der Insel entdeckt der blaue Vierpfoter seine Genussfähigkeit, vielleicht auch die Genusssucht – die ihm fast zum Verhängnis wird. Kartoffeln tauchen sich selbst in Frittieröl und werden zu den leckersten Pommes frites, in den Milchbach plumpsen manchmal Kakaohülsen und man kann die köstlichste Trinkschokolade schlürfen. Toastschnitten wachsen fertig gebuttert und man kann sie mit Honig volltropfen lassen. Und so weiter und so fort. Blaubär kombiniert immer neue Varianten der Lebensmittel, er genießt das Essen, er genießt die Ruhe und Schönheit der Insel. Er genießt nur ein wenig zu viel und wird ganz schön fett dabei, im wahrsten Sinne des Wortes „reif für die Insel“, die sich eines Tages anschickt, ihn zu verspeisen. Aber was man hier merkt und was sich durchaus immer wieder in seinem Leben findet, ist die Fähigkeit, leckere Dinge zu würdigen. Klar isst Blaubär in schlechten Zeiten alles, was er kriegen kann. Aber wenn er etwas Leckeres bekommen kann, findet er es toll. Neben den Gaumenfreuden genießt er aber auch die schöne Umgebung, die Blumen und Kolibris, das sanft schaukelnde Meer.

Das bleibt ihm in all seinen Jahren: Wenn Käpt’n Blaubär etwas macht, macht er es oft auch gern und mit Freude. Er kann es genießen, mit seinem Nachtschulfreund Qwert Zuiopü endlose Diskussionen zu führen. Er findet es toll, in Atlantis einen Job als Lügengladiator zu haben und zu wissen, dass er gute Arbeit macht. Er genießt es, sich mit Prunk zu beladen, als er im Ewigen Tornado landet – auch wenn sich das als nicht sehr hilfreich erweist, so ist der Genuss doch da und bringt dem Bären Freude.

Der Stierbär

Vielleicht sind Stiere Bären. Oder Bären Stiere. Pu, der Bär und Käpt’n Blaubär sind auf jeden Fall Stierbären, wenn ich das mal so sagen darf. Auch wenn Pu einen Hang zum Verfressenen hat und Blaubär manchmal ein bisschen egoistisch sein kann: Sie können sich gut in andere hineinversetzen und auch mal ihre eigenen Bedürfnisse nach hinten stellen. Sie genießen gutes Essen und so ziemlich jeder mag sie. Blaubär genießt zudem sein Leben, seinen Intellekt, den Austausch mit anderen und dass er immer weiter kommt. Das sollte sich jedes andere Sternzeichen auch zu eigen machen: Lebe den Tag, genieße den Moment und verändere dich, wenn es notwendig ist.

Interessiert? Hier die Fakten:

Titel Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär
Autor Walter Moers
Seiten 703
Ausstattung Hardcover
Verlag Eichborn
Jahr 1999

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Eine Antwort zu “Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär

  1. Kek 28. Januar 2017 um 00:00

    Sehr interessante Biographie, kann ich nur empfehlen.

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