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Bücher über kleine, große und fremde Welten

Eine Stadt namens Cinnabar

Cinnabar ist die Stadt am Schnittpunkt der Zeiten. Die Stadt der Städte. Die Stadt, in der selten etwas endet und oft vieles beginnt. Es ist die Stadt, in der auch alles möglich ist. Eine Stadt, die sich unendlich erstreckt und an deren Rand alte Bahngleise liegen, schon immer, jetzt und für immer. Es ist eine Stadt, in der Technik allgegenwärtig ist, Menschliches aber auch noch vorhanden. Ein Ort, an dem merkwürdige Wissenschaft gedeiht und zu dessen Zentrum man kaum vordringen kann – weil der Zentralcomputer es in seiner Allmacht nur wenigen gestattet. All das geschieht jedoch immer irgendwie, meist nicht greifbar. Das Leben dort ist schön, erregend, abscheulich und irritierend.

Blau, kuschelig, umsorgend

Blau-Jade ist eine große Katze mit pastellblauem Fell. Eine Kreuzung zwischen Primaten und Feliden. Sie spricht wie ein Mensch, denkt genauso, vielleicht ist sie sogar etwas intelligenter als ein Mensch. Ihr Beschützerinstinkt ist enorm ausgeprägt. Sie könnte auf zwei Beinen gehen, bevorzugt es jedoch, sich auf ihren vier Pfoten fortzubewegen. Ihre Milch können kleine Kinder direkt aus ihren Zitzen trinken und wenn sie ihren Schützling in den Armen wiegt, kann man sich so richtig in das weiche blaue Fell einkuscheln. Sie ist die ideale Kinderfrau. Und damit ein idealer Steinbock.

Blau-Jade ist zuverlässig und pflichtbewusst, fürsorglich und treu. Sie ist es, weil es ihr so einprogrammiert wurde und weil sie „Pfänder im Gehirn“ hat, wie sie es ausdrückt.

Und das geht so: Einst wurden ihr ihre Jungen weggenommen. Oder besser: Es fühlt sich so an. Denn es waren nur Gebilde der Phantasie, nicht ihrer eigenen Phantasie, sondern die des Zentralrechners, die er Blau-Jade direkt ins Gehirn transportiert hat.  Ihre stumme Sehnsucht ist die nach den Jungen, die sie nie erleben wird …

Die ideale Kinderfrau

Zur Zeit der Geschichte ist sie die Kinderfrau des kleinen George, der sich nachts vor leider sehr realen Alpträumen fürchtet. Der Junge hatte ein Kindermädchen, dass ihm diese Ängeste eingeflößt hat. Unglücklicherweise sind in Cinnabar die Schatten und bösen Geister sehr real geworden und so leidet der kleine George mehr als alle anderen darunter. Blau-Jade verbringt ihre Nächte damit, zu wachen. Sie schläft wie ein Elternteil im Bett ihres Schützlings, hält ihn warm und geborgen und sicher. Manchmal nickt sie ein und dann wird George von den Schatten geholt und gepiesackt.

Wacht Blau-Jade dann auf, sucht sie das gesamte Haus ab und macht sich Vorwürfe, dass sie ihrer Aufgabe nicht gerecht wird. Sie treibt sich an, dass sie nicht versagen darf, dass sie die Eltern vertreten muss. Eltern, die als Wissenschaftler auf unbestimmte Zeit ins Stadtzentrum gereist sind, um eine xte Flitterwochenreise zu machen.

Seine Grenzen kennen

Steinböcke können nicht anders: Sie sind pflichtbewusst und zuverlässig. Das ist an sich eine gute Eigenschaft, von der jeder etwas haben sollte. Schwierig wird es, wenn man auf Teufel komm raus versucht, immer alles richtig und korrekt zu machen. Das kann in Pedanterie ausarten, die allen auf den Sender geht. Oder in eine totale Überforderung, weil sich der gute Steinbock so verantwortlich fühlt, dass er gar nicht mehr merkt, gar nicht merken kann vor lauter Ehrgefühl, dass er total fertig ist. Nicht weiter weiß, nicht mehr kann.

Blau-Jade merkt irgendwann, dass sie nicht ständig ganze Tage und Nächte wachen und auf George aufpassen kann. Auch sie muss einmal schlafen. Dass sie ihrer Aufgabe nicht gerecht werden kann, wenn sie müde ist. Dass sie dann Fehler machen wird, die dem Jungen schaden werden. Das will sie nicht. Und da bittet sie einen Wissenschaftler, etwas zu erfinden, dass George von den Alpträumen erlöst. Damit es dem Jungen wieder gut gehen und er fröhlich leben kann.

Als Timnath dies gelingt, warnt er sie: Möglicherweise wird der Junge für Blau-Jade verloren sein. Aber das ist Blau-Jade egal, Hauptsache, die Erfindung hilft George. Und sie hilft. Er vergisst die Alpträume und das böse Kindermädchen, das sie ihm verschafft hat. Seine Eltern kommen nach Hause. Blau-Jades Dienste sind nicht mehr erforderlich.

Natürlich ist die Katzen-Kinderfrau traurig, aber sie weiß, dass es das Beste für das Kind ist. Hier kommt wieder das Pflichtgefühl durch, aber sie ist ja groß, sie weiß, dass sie das Richtige getan hat für das Kind, das ihr anvertraut war. Dass sie ihrer Verantwortung gercht geworden ist, indem sie um Hilfe gebeten hat. Und das, liebe Steinböcke und sonstigen Sternzeichen, das ist etwas ganz Wichtiges, das wir lernen sollten.

Interessiert? Hier die Fakten:

Titel Eine Stadt namens Cinnabar
Autor Edward Bryant
Seiten 192
Ausstattung Taschenbuch
Verlag Moewig
Jahr 1983

 


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