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Bücher über kleine, große und fremde Welten

Schlagwort-Archiv: Krimi

Der Oktobermann

Ben Aaronovitch ist mittlerweile so ein bisschen wie Tolkien und Pratchett … er treibt nicht nur seine Serie um Peter Grant und all die Londoner magischen Fälle voran, sondern denkt sich auch noch alle möglichen Stories drumherum aus. Wahrscheinlich ist das so, wenn man als Autor*in in ein „Universum“ eintaucht und alle möglichen Charaktere eine Vor-, Neben- oder sonstwie-Geschichte entwickeln. Das erinnert mich an die von Jasper Fforde beschriebene Buchwelt in der Thursday-Next-Reihe, in der es genau das gibt: Wesen mit und ohne Vorgeschichte sowie Vorgeschichten, die man in den unteren Stockwerken der Großen Bibliothek kaufen kann, um die Figuren aufzupeppen und ihnen mehr Tiefe zu geben. Das ist prima für uns Leser*innen, wenn wir eine Serie mögen.

Aaronovitch macht hier noch ein kleines Fass mehr auf, wie mir scheint: Er schreibt Kurzgeschichten, die vor, während und nach den Büchern der Flüsse von London-Geschichten spielen und er veröffentlicht ganz eigene Geschichten, wie etwa Der Oktobermann oder Die Füchse von Hampstead Heath.

Und um den Oktobermann soll es heute gehen, denn den habe ich gerade mal wieder gelesen. Rausgekommen ist er schon vor ein paar Jahren – und der Clou ist, dass er in Deutschland spielt. Und zwar nicht in Berlin oder München, wie man erwarten könnte. Es taucht auch weder ein Oktoberfest (trotz des Namens) noch sonst eines der üblichen verdächtigen Reiseziele von Touristen auf, die sich mal bei uns umgucken wollen.

Nein, es geht nach Trier. Das ist diese Stadt an der Mosel mit dem großen schwarzen Tor in der Innenstadt. Üblicherweise kennt man Trier aus dem Geschichtsunterricht, Stichwort Römer. Und noch ein nein: Es geht nicht um Peter Grant, der mit Nightingale einen Ausflug auf den Kontinent macht.

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Blöd geguckt …

… habe ich neulich, als ich mal wieder Terry Pratchetts Gevatter Tod gelesen habe – um ehrlich zu sein: mir vorlesen habe lassen. Allerdings live und analog. Vielleicht habe ich es deswegen auch erst nach einer ganzen Weile geschnallt, was passiert gewesen sein muss.

Zunächst habe ich es einfach genossen, dass ich gemütlich dasitzen und zuhören konnte. Als ich jedoch nach diversen Seiten auch mal das Buch in die Hand nahm – und dann ein anderes Buch von Terry Pratchett dazuholte – bot sich mir folgender Anblick:

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Doppelt sehen beim Lesen – kann vorkommen 😉


Tja, da hat entweder der Heyne Verlag, die damalige Druckerei oder die Binderei wohl ein bisschen was verdödelt … und der Verlag sich entschieden, die Bücher trotzdem auf den Markt zu bringen. Oder habe ich hier eine Rarität, einen Mauritius-Briefmarken-Fehldruck sozusagen? Ich glaube nicht, denn im Netz habe ich Hinweise darauf gefunden, dass Heyne wohl öfters mal solche Patzer hatte und sich möglicherweise nicht darum scherte.

Ich habe auf jeden Fall herzhaft gelacht und fand es amüsant, dass ich das erst nach rund 25 Jahren Buchbesitz entdeckt habe – oder habe ich es einfach nur vergessen *grübel*???

Das Bild von Zeichner Josh Kirby zeigt übrigens Nanny Ogg, wie sie in MacBest frech und mutig dem Herzog und seiner fiesen Gemahlin die Stirn bietet. Mit Gevatter Tod hat es nichts zu tun.

Interessiert? Hier die Fakten:

Titel MacBest
Gevatter Tod
Autor Terry Pratchett
Terry Pratchett
Seiten 352 330
Ausstattung Taschenbuch Taschenbuch
Verlag Heyne Heyne
Jahr 1996 1995

Beide Ausgaben sind nur noch antiquarisch zu erhalten, aber es gibt aktuelle Auflagen bei Piper.


Foto: © Micha Schneider – chairlounge

Margos Spuren

Ist euch das Manic Pixie Dream Girl ein Begriff? Mir bis vor kurzem auch noch nicht. Das Manic Pixie Dream Girl oder kurz MPDG ist eigentlich ein Begriff aus der Filmwelt. Er beschreibt eine Figur (in der Regel – wie der Name schon sagt – weiblich), die in der Welt eines – in der Regel männlichen – Protagonisten auftaucht und diese gehörig durcheinanderwirbelt. Das MPDG zeichnet sich durch bestimmte Eigenschaften aus, die der Held im Gegensatz zu ihm nicht besitzt: es ist unkonventionell bis neurotisch sowie extrovertiert und direkt. Es stellt sich mehr oder minder konsequent gegen Autoritäten, Normen und Konventionen. In machen Fällen ist es eher eine Einzelgängerin, die aber von vielen heimlich bewundert wird. So auch vom Protagonisten – er verliebt sich nämlich Hals über Kopf in das MPDG, obwohl er meistens wenig mit ihr gemein hat. Und das muss auch so sein, denn der Clou dieser Figur ist, dass sie den Protagonisten durch ihren Nonkonformismus aus der Reserve lockt. Sie selbst ist in der Geschichte meistens eher eine Randfigur, deren einzige Aufgabe darin besteht, den Helden in ein verrücktes Abenteuer zu verwickeln, das er natürlich besteht und daran reift. Meistens erkennt er dabei, dass es total Spaß macht, auch mal fünf gerade sein zu lassen und man auch mal was riskieren muss. Oder so ähnlich. Ab und zu entwickelt sich zwischen den beiden eine Liebesgeschichte, das muss aber nicht so sein.

Margo aus Margos Spuren ist so ein MPDG – sogar ein ziemlich typisches. Der Roman ist ein weiteres Werk des Autoren John Green, den wir schon durch Das Schicksal ist ein mieser Verräter kennengelernt haben. In seinem dritten Roman geht es wieder um Teenager und irgendwie auch um Liebe – aber eben auf die manische Art.

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Propeller-Opa

Ach, was tun, wenn der Opa immer weniger geistig anwesend ist? Und was tun, wenn man seinen Opa liebt und nur das Beste für ihn will, obwohl er das vielleicht gar nicht mehr so richtig versteht? Vor allen Dingen als Kind. Eine mögliche Antwort gibt Propeller-Opa von David Walliams, das auf eine vergnügliche Art und Weise mit dem Thema Demenz umgeht. Der besagte Opa wird nämlich immer tüdeliger, aber sein Enkel Jack Bunting schafft es trotz seiner jungen 12 Jahre, ihn da abzuholen, wo er ist, geistig und örtlich. Und nebenbei kommen sie beide noch einer Gangsterbande auf die Schliche, die alte Leutchen ausnimmt.

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Ich lese gerade … Das Rätsel Sigma

Neulich habe ich in einer Bücherverschenkebox zwei SF-Bücher rausgezogen. Sie sind noch aus DDR-Zeiten und solche Bücher nehme ich immer mit. Diese SF ist einfach anders, vor allem meist keine Endzeitutopien mit allen möglichen bösen, widerwärtigen und antimenschlichen Lebewesen. Das tut gut.

Und so lese ich jetzt Das Rätsel Sigma von Karl-Heinz Tuschel. Schön ist gleich der zweite Satz: „Der Mai des Jahres 1996 hatte bis Mitte der Woche nur Kälte und Regen gebracht, einmal war sogar so etwas wie Schnee auf die mecklenburgische Stadt Neuenwalde herabgerieselt.“ Das Buch ist von 1974 und da war ’96 natürlich Zukunft, während wir a) wissen, dass da schon die Mauer gefallen war und sich b) die Welt ganz schön weiterentwickelt hat, auch technisch.

Bisher (ich bin auf Seite 43) dreht sich das Buch um Herbert Lehmann, der an der Aufklärung plötzlicher Schlafanfälle arbeitet: In Neuenwalde fallen im besagten Mai mehrere Menschen urplötzlich in Schlaf und sind nicht mehr wachzukriegen. Keiner weiß, wieso. Lehmann ist Mathematiker und leitet das „mathematische Büro“ in der „Bezirksinspektion für Umweltschutz“ in einer mecklenburgischen Bezirksstadt.

Auf den „paar“ Seiten, die ich bisher gelesen habe, gibt es schon ein paar tolle Ideen: In Tuschels 1996 ist der „benzinlose Stadtverkehr“ Realität. Das heißt, in allen Städten stehen E-Autos für alle Bürger bereit. Die Autos sind offen, man kauft sich Marken, von denen man eine in einen Schlitz im Auto wirft, dann kann man fahren. Benziner stehen dann in Garagen am Stadtrand, mit ihnen kann man bei Bedarf weiterfahren bzw. ein Fahrer fährt einen.

In der Welt Herbert Lehmanns ist auch schon überall Glasfaser verlegt und Videoanrufe sind für die Menschen das normalste der Welt. Ich erinnere mich daran, Anfang der Neunziger an der Uni an Tests zur „Bildschirmtelefonie“ teilgenommen zu haben und wir dümpelten gerade mal mit Modems herum …

Auch das aktuell viel diskutierte Plastikproblem haben die Menschen in Das Rätsel Sigma fast im Griff: Als man nämlich mehr und mehr Plaste produzierte, stellte die Welt fest, dass es ein Abfallproblem geben würde – und dass man sich damit beschäftigen müsse. So wurden verschiedene Methoden der Verrottung entwickelt und Anfang der 90er entschieden, bei der Produktion von Plastik gleich seine Entsorgung mitzudenken. Heute, 2018, heißt das cradle-to-cradle – und kaum ein Hersteller von irgendetwas scheint sich dafür zu interessieren.

Im Buch arbeitet Lehmanns Frau Wiebke daran, ein neuartiges Plastik ordentlich abzubauen: Gleich mit der Einführung von „Betalon“ wurden Bakterien gezüchtet, die den Stoff so zersetzen können, dass man aus dem Restprodukt wieder neues „Betalon“ machen kann. In der Realität schaffen wir es gerade mal zu Tragetaschen, Fleecepullis und T-Shirts … die aber höchstens noch zu Sargfüßen weiterverarbeitet werden können. Das ist natürlich besser als verbrennen – aber wie schön wäre eine andere Lösung …

Nach meinen knapp 40 Seiten Lektüre bin ich ziemlich beeindruckt, was Tuschel sich schon 1974 ausgedacht hat – zu einer Zeit, in der sich die meisten Menschen noch kaum Gedanken zu all diesen Themen gemacht haben. Es wäre toll gewesen, wenn wir hüben wie drüben schon 1996 Internet, Handys und E-Autos und einen voll funktionsfähigen Plastikkreislauf gehabt hätten.

Was ich denke ist, dass man die Entwicklung manches Mal nicht schneller machen kann. Aber wenn der Mensch sich schon Sachen ausdenken kann, so wie Tuschel es getan hat, dann wäre es manches Mal toll, wenn das Denken auch gleich zu Forschung und Entwicklung führen würde. Vor allen Dingen bei den nützlichen Dingen und nicht nur bei Waffen etc.

Mal sehen, wie es weitergeht im Buch. Vielleicht ist ja die Plasteproduktion schuld an der Schlafkrankheit oder das AKW, aus dem die ersten Fälle kamen.

The curious incident of the dog in the night-time

Aha, dachte ich beim Lesen des Titels. Weil ich unbedingt eine Urlaubslektüre brauchte und mir obendrein der Buchladen so gut gefiel, nahm ich es dennoch in die Hand. Als ich die wenig erklärende aber viel versprechende Inhaltsangabe las, hatte mich das Buch bereits im Sack. So ungewöhnlich und so abenteuerlich schien mir der Plot, dass ich das schmale Buch von Mark Haddon nicht zurück stellen konnte.

Christopher Boone ist fünfzehn und wohnt mit seinem Vater irgendwo in England. In einer ruhigen Gegend, in der wenig Verkehr herrscht und die Straßen gerade und sauber sind. Das ist Christopher sehr wichtig, denn er hat das Asperger-Syndrom und ist daher, was Umwelteinflüsse, Handlungsabläufe und weltliche Interaktion angeht, etwas unflexibel. Er kann zwar echt gut Mathe, weigert sich aber gelbe oder braune Lebensmittel zu essen (hier hilft manchmal etwas Lebensmittelfarbe) und war eigentlich noch nie weiter weg als in seiner Förderschule. Er träumt davon, den A-Level in Mathe zu bestehen und vielleicht seine Mama wiederzusehen, die vor einiger Zeit gestorben ist.

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Schwarzer Mond über Soho

Ich hab’s ja gesagt: „Die Flüsse von London“ ruft nach Fortsetzung und nun ist sie in die Buchläden geschwappt … Ich habe sie mir natürlich besorgt und gleich durchgelesen. Aber Ach! und Wehe! Der Fortsetzungsbazillus hat zugeschlagen und mal wieder einen Autor dazu gezwungen, sich Worte und Geschichten aus den Fingern zu saugen.

Peter Grant löst seinen zweiten und dritten Fall – parallel, damit ja keine Langeweile aufkommt. Und der vierte mischt auch schon kräftig mit. Aaronovitchs Humor zeigt sich auch hier wieder, es gibt ausreichend lustige Stellen – aber irgendwie ist der Gaul mit ihm durchgegangen. Kurz gesagt: Mord, Sex, Jazz und Mutation. Ein kurzer Prozess mit dem zweiten Band.

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Die Flüsse von London

„Die Flüsse von London“ ist ein Krimi. Und Fantasy. Es gibt mehrere Mordfälle, die Polizei spielt mit und Geister, Vampire und Flussgötter treten auch auf. Und das Ganze ist wunderbar miteinander kombiniert und verwoben und es macht Spaß, die Geschichte zu lesen.

Hauptfigur ist Peter Grant, ein Londoner Polizeianwärter. An einem der letzten Tage seiner Probezeit steht er nach einem Mordfall Wache am Tatort. Und trifft einen Geist. Der erzählt ihm den Tathergang und was er gesehen hat. Sehr schön: Peter macht sich als erstes Gedanken, dass er den Geist ordnungsgemäß befragt: „Name, Wohnort“ etc. Ich hab‘ gelacht 🙂 … und mir überlegt, wie es wohl weitergeht.

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