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Bücher über kleine, große und fremde Welten

Schlagwort-Archiv: Science Fiction

Die größte Show im ganzen Kosmos – Hereinspaziert zur Monsterparty

Er ist rund 1,60m groß. Da er auch noch einen Buckel hat, wirkt er viel kleiner und wird von seinem Boss Zwerg genannt. Außerdem bringt er kaum einen vernünftigen Satz heraus. Oft krank war er auch, deswegen ist seine Haut eher gelblich und die schmalen Augen und schwarzen Haare führten dazu, dass Thaddeus Flint, sein Chef, ihn Tojo nannte, hörte sich wohl japanisch für ihn an. Von seinen Eltern wurde er weggegeben – und dann von Flint gefunden. Seitdem lebt er bei ihm, meist wird er als „Leibwächter“ vorgestellt, denn Tojo kann sich nicht vorstellen, woanders zu leben. Er wüsste gar nicht, wie und wovon. Er ist belesen, kommt mit fast allen gut klar, als „Ausstellungsobjekt“ taugt er nichts, denn „Bucklige erzeugen nur Mitgefühl“, wie Flint meint. Aber auch wenn Tojo mit den meisten gut klarkommt und eigentlich immer will, dass alles nett und freundlich abläuft, scheut er sich dennoch nicht, seinem Chef seine Meinung mitzuteilen – auch wenn der das meist ignoriert.

Thaddeus Flint ist Besitzer eines Jahrmarkts. Dazu gehören Imbissbuden, ein paar Fahrgestelle, eine Striptease- und eine so genannte Freak Show. Ja, wir sind in einem Amerika, in dem es das noch gibt: Menschen mit besonderen Merkmalen ausstellen bzw. Leute auszustellen, die sich so anmalen, verkleiden etc., dass sie aussehen, als seien sie körperlich „anders“, was auch immer das bedeutet im Einzelfall. Und die Stripperinnen sollten am besten nicht nur strippen, sondern sich auch angrapschen und küssen lassen. Vorausgesetzt, die Polizei ist ausreichend geschmiert, so dass sie wegguckt und nicht prüft, ob die Frauen wirklich nur ihre Hüllen fallen lassen. Flint ist Geschäftsmann und will, dass alles läuft wie geschnitten Brot, und gibt den knallharten Macker. Außerdem vögelt er alles, was nicht bei „drei“ auf dem Baum ist. Schräg? Ja, aber es kommt noch „besser“.

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14 Uhr Abflug nach Tatooine

Neulich war ich im Miniaturwunderland in Hamburg. Wer das nicht kennt: Das ist eine riesengroße Modelleisenbahnanlage in einem der alten Hafenspeichergebäude. Vier Etagen Modellbauwelt mit Zugverkehr! Seit kurzem geht es sogar über einen Gang über ein Fleet in einem anderen Gebäude weiter. In der riesigen Modellwelt gibt es mehrere Nachbauten von Ländern, wie etwa Italien oder Norwegen oder Rio de Janeiro. An Patagonien bauen sie gerade … Es gibt sechs Meter hohe Schweizer Berge, der längste Zug in den USA ist 14,5 Meter lang.

Im „deutschen Teil“ kann man unter anderem Bayern und die Lüneburger Heide bestaunen. Das Besondere ist, dass sich die Macher des „Miwula“ der total ausgelebten künstlerischen Freiheit verschrieben haben: So steht zum Beispiel das Schiffshebewerk Niederfinow in Bayern und in Skandinavien sind wirklich Trolle unterwegs. Neben all den quasi realen Orten gibt es übrigens noch Knuffingen. Knuffingen ist eine ausgedachte Stadt, in der zum Teil Hamburger Elemente verarbeitet sind, die Macher sich aber (nicht, dass sie das nicht eh täten) so richtig schön austoben können. Am coolsten finde ich hier den Flughafen, der von der Größe her problemlos mit dem Frankfurter Flughafen mithalten kann – auch wenn die Gebäude doch sehr an den aus Hamburg erinnern 😉

Natürlich sind die Modellzüge toll, aber was das Projekt wirklich ausmacht, ist die detailverliebte Ausgestaltung der gesamten Anlage. Tausende von witzigen und kuriosen Szenen lassen sich entdecken – und es ist absolut nicht notwendig, sich für Züge zu interessieren. Die rattern überall herum und sausen sogar über die Brücke gen Südamerika, so dass eingefleischte Zugfans auf ihre Kosten kommen können. Aber man kann auch einfach so auf Entdeckungsreise gehen.

Insofern können alle eine vergnügliche Zeit dort verbringen – und genau das habe ich getan. Dass ich euch heute davon berichte, hat aber einen einzigen Grund: Science Fiction und Fantasy und mögliche Geschichten.

Neben den zahlreichen Pärchen in Kornfeldern, vielfältigen Leichen in Rio und Gondeln in Venedig muss man nämlich feststellen, dass sich in der weiten Welt des Wunderlandes gar wirklich Wunderliches abspielt. Seht selbst, wen und was ich „getroffen“ habe:

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Scharnow

Brandenburg. Lange Zeit eine Gegend, von der man wenig Gutes zu berichten wusste, ein Art Ödnis um Berlin herum, in der außer den Dagebliebenen und ein paar Nazis (manchmal in Personalunion) niemand tot übern Zaun hängen wollte. Das änderte sich mit der Zeit und nachdem die ersten Berliner, die keinen Bock mehr auf Großstadt hatten, dort ein Grundstück kauften und Craft Beer herstellten, erhielt das Bundesland eine Art Hipster-Zertifikat und war damit ausreichend cool, um ein paar bessere Geschichten darin und darum zu erfinden. Einige dieser Geschichten machten mir sogar richtig Lust, ebenfalls ein altes Haus zu kaufen, es auszubauen und zum Gärtnern rbb zu hören. Ich kann weder ausbauen noch gärtnern, aber die Landschaft in Brandenburg ist wirklich schön und den rbb mag ich auch.

Aber darum soll es jetzt gar nicht gehen, sondern um einen weiteren Brandenburg-Roman, der gleichzeitig (unter anderem) ein weiterer Blick eines Berliners auf Brandenburg ist. Bela B. Felsenheimer ist jener (Ex-)Berliner und euch allen wahrscheinlich noch bestens bekannt als Schlagzeuger der Berliner Band Die Ärzte („Es gibt nur einen Gott: BelaFarinRod“ – ihr wisst schon …). Bela B. hatte genau wie seine Kollegen schon immer gern andere Projekte betrieben und in dem Zusammenhang hier und da auch mal was geschrieben, aber Scharnow ist sein erster Roman. Und dafür gar nicht schlecht.

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Invasion der Zukunft – Die Welten der Science-Fiction

Meine neueste Errungenschaft in Sachen Bücher ist Invasion der Zukunft, ein Buch über Science Fiction. Und da schmökere ich mich gerade durch. Ich lese ja ganz gerne solche Werke. Erstens hat man einfach mal einen – natürlicherweise unvollständigen, aber immerhin – Überblick über das Genre. Und zweitens sind dort neben den Klassikern und oft Bekanntem auch Bücher aufgelistet, die man noch nicht gelesen hat. So hat man neben dem, ja, nennen wir es mal so, Erkenntnisgewinn auch noch ein paar Anregungen für neuen Lesestoff.

Üblicherweise legen Bücher über Science Fiction mit den Ursprüngen der Zukunftsgeschichten los, allen voran die Utopien. Hier taucht in der Regel Thomas Morus mit seinem Utopia auf, aber manch einer fängt schon bei den Griechen an. Von Peschke erwähnt etwa Platons Politeia. Jules Verne und Herbert G. Wells dürfen nicht fehlen und natürlich auch die große Zeit der ersten sogenannten Science-Fiction-Stories und der Magazine, wie sie in den USA der Zwanzigerjahre ihren Anfang nahmen, wie Amazing Stories und andere.

Von Peschkes Werk gefällt mir ganz gut, weil er keine Geschichtsstunde macht. Ja, die Werke kommen vor, ja, er weist auf die Ursprünge hin – aber er ordnet den Stoff thematisch, ganz im Sinne des Untertitels Die Welten der Science Fiction. Und so fehlt die ellenlange Historie glücklicherweise. Zudem zeigt er medienunabhängig, was so alles unterwegs ist. Film wird neben Buch gestellt und die Computergames fehlen auch nicht. Sogar das ein oder andere Rollen- oder Brettspiel findet Platz.

Insofern ist Invasion der Zukunft ein netter bunter Reigen, in dem Klassiker genauso Platz haben wie neuere Werke. Auch das ein oder andere ungewöhnliche Buch findet Platz, etwa Sultana’s Dream (von Rokheya Shekhawat Hossein), ein Buch über eine Weiterentwicklung der indischen Gesellschaft, in der die Frauen die Geschicke weiter Teile des Landes in die Hand nehmen. Von Peschke hangelt sich von der Technik über Utopien und Dystopien, Kriege und Katastrophen über die Neugestaltung des Menschen, „Was-wäre-wenn-Geschichten“ hin zu anderen Planeten, der Raumfahrt und natürlich den Aliens durch die ganze Bandbreite, die die Science Fiction heute bietet. Das ist ganz schön.

Naturgemäß kann ein Werk über ein Genre nicht vollständig sein. Es sind einfach zu viele Bücher etc. auf dem Markt, als dass ein Autor sie alle gelesen haben könnte. Das ist klar. Allerdings wirkt Invasion der Zukunft auf mich oft so, als hätte von Peschke seine liebsten Bücher und auch einige Hassobjekte (vor allem rechtsorientierte Science Fiction) genommen und beschrieben. Und das auf eine, wie ich finde, oft eher oberflächliche Art und Weise.

Mehrfach kommen fast ähnliche Sätze vor, zum Beispiel, wenn er darauf hinweist, dass Hugo Gernsback mit seinen Amazing Stories gerne kluge Zukunftsliteratur bringen wollte und leider feststellen musste, dass die Leser lieber Action haben wollten. Das fällt zumindest mir umso mehr auf, weil das Buch so leicht weglesbar ist. Hier wäre ein bisschen mehr Lektorat hübsch gewesen.

Besonders aufgefallen ist mir der Teil, in dem es um die Aliens geht. Sind die Aliens nun von der Körperfressersorte oder doch gute Kumpels, ist die alte Frage, die viele Autoren umtreibt. Ja, die westliche Autorenschaft neigt (naturgemäß?) eher der Alien-gleich-Feind-Variante zu und hierüber schreibt von Peschke auch ausführlich. Ich hätte es gut gefunden, wenn hier gleichgewichtig auch andere Ideen zu Papier gekommen wären. Aber leider fand man solche Außerirdischen meiner Erfahrung nach eher in den Büchern des ehemaligen Ostblocks – und die kennt heute natürlich kaum einer.

Also ein Fazit: Ja, kann man das Buch nett in ein paar Stunden lesen. Wenn man noch nie so ein Buch gelesen hat und sich dafür interessiert, hat man auf jeden Fall ein paar Ideen und Gedanken vor sich, über die man selbst sinnieren kann. Die Einteilung in die verschiedenen Aspekte von Science Fiction ist gut. Und die Bibliografie ist prima, um sich inspirieren zu lassen. Für einen umfassenderen Überblick sollte man jedoch lieber zum Millionen-Jahre-Traum von Brian Aldiss oder ähnlichen Werken greifen – allerdings sind darin dann keine aktuelleren Werke vorhanden.

Interessiert? Hier die Fakten:

Titel Invasion der Zukunft. Die Welten der Science-Fiction
Autor Hans-Peter von Peschke
Seiten 319
Ausstattung Taschenbuch
Verlag Theiss
Jahr 2016

Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.

AAAAAahhhhhh. Mistmistmist …, um mal ein Quasi-Rincewind-Zitat abzugeben … Was Mist ist? Ich bin mit diesem Buch fertig. So was Doofes. Erst hatte ich Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O. angefangen zu lesen und es dann zur Seite gelegt. Ganz mit Absicht. Denn schon die ersten Seiten haben mir gut gefallen, das Thema war sehr spannend, ich hatte die begeisterte Empfehlung eines Freundes im Ohr und da dachte ich: Nein, jetzt lese ich erstmal die anderen Bücher, die so rumliegen, und hebe mir den D.O.D.O. für später auf. So wie die leckere Schokolade oder sowas. Zwischen- und Vorfreude genießen, mjamm.

Naja, und dann waren die anderen Bücher gelesen, die, die immer noch rumliegen, nicht sooo interessant, also gönne ich mir ein Häppchen. Und noch eins. Morgen nochmal. Naja, ihr kennt das ja: Irgendwann kommt der unweigerliche Moment, in dem einen das leere Stanniolpapier beziehungsweise der Buchrücken anstiert und sagt, nuja, das war’s wohl. Viele Spaß in deinem restlichen Leben. Ha!

Das Gute daran ist, dass ich euch jetzt das Buch empfehlen kann, und zwar entgegen aller sonstigen Gepflogenheiten gleich jetzt: Wer sich also für Physik, Hexerei und Zeitreisen interessiert, bitte Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O. lesen. Ein bisschen (aber nur ein bisschen!) Liebe kommt auch vor, dafür jede Menge Geheimhaltung, Geheimorganisation, mehr oder weniger zickige Hexen und interessante Jobs, an die man bisher noch nicht gedacht hat …

Und worum geht’s nun? Um „D.O.D.O.“, das „Department of Diachronic Operations“. Darum, wie ein junger Typ namens Tristan Lyons eines Tages Melisande Stokes (genannt Mel) anspricht. Melisande ist Dozentin an der Harvard University, sie unterrichtet unter anderem Studierende in alten Sprachen, die keiner mehr spricht. Sie kann Altgriechisch, Althebräisch, Sumerisch und noch ein paar weitere Sprachen. Allerdings kann sie auch moderne Sprachen, wie etwa chinesisch.

Tristan lädt Melisande auf einen Kaffee ein und sagt ihr, dass er für „eine obskure Regierungsorganisation“ arbeite und dass er jemanden wie sie gut gebrauchen könne. Jemanden, der ein paar alte Texte übersetzen könne. Gehalt viermal so hoch wie an der Uni.

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Happy Smekday oder der Tag, an dem ich die Welt retten musste

Immer diese Außerirdischen! In zahllosen Erzählungen wird davon berichtet, wie sie („Schon wieder“ möchte man ausrufen) unsere hübsche Erde unterjochen wollen, uns Menschen erbärmlichst behandeln etc. Die Berichte sind so vielfältig wie die Aliens, aber seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und allen anhängigen Staaten gibt es auch kaum literarische Hoffnung für einen friedlichen Besuch unserer Brüder und Schwestern (oder wasauchimmer) im All.

Da tut es richtig gut, den „Bericht“ von Gratuity Tucci – für ihre Freunde Tip – zu lesen. Für eine Zeitkapsel, die erst in 100 Jahren wieder geöffnet werden wird, sollen alle Kinder einen Bericht schreiben – und einer davon wird ausgewählt, aufgehoben zu werden. Thema: „Die wahre Bedeutung von Smekday“. Nach ein wenig Hin und Her wird Tips Bericht angenommen und so erfahren auch wir, wie das alles war und was es mit diesem Smekday auf sich hat. Aus der Sicht der damals Elfjährigen berichtet sie, welche Erfahrungen sie in den USA mit der Invasion der Boov und in der Zeit danach gemacht hat.

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Raumschiffe im Größenvergleich

Neulich habe ich was ganz Tolles gefunden: Einen Größenvergleich von Raumschiffen auf einem Poster!

Super. Da hat sich ein Mensch namens Dirk Löchel eine irre Arbeit gemacht, alle möglichen Raumschiffe auf einem Stück „Papier“ unterzubringen, und zwar maßstabsgetreu. Ein Pixel (!!!!) entspricht zehn Metern. Auch die ISS ist dabei – schließlich sollte unser einziges Raumschiff (wir sind mal großzügig in der Auslegung des Begriffes) nicht fehlen. Man muss sie allerdings suchen, so klein ist die Raumstation im Vergleich zu den riesigen Schiffen aller anderen …

Natürlich gibt es Star Wars, Star Wars, Star Wars. Und Star Trek, klar. Warhammer bietet auch reichlich Fluggeräte. Aber wenn man sich die Grafik mal in der Originalauflösung (klicke auf unser Bild und du kommst auf die Seite) runterlädt und dann großzieht, entdeckt man alle möglichen weiteren Vehikel, mit denen man im All rumschippern kann. Wenn euch was fehlt, guckt in den Erläuterungen und Kommentaren, oft hat Löchel dazu schon was gesagt.

So, und hier jetzt Löchels grandiose Arbeit:

Poster mit Abbildungen von Raumschiffen aller Art im maßstabsgetreuen Größenvergleich

© Dirk Löchel

Ich lese gerade … Das Rätsel Sigma

Neulich habe ich in einer Bücherverschenkebox zwei SF-Bücher rausgezogen. Sie sind noch aus DDR-Zeiten und solche Bücher nehme ich immer mit. Diese SF ist einfach anders, vor allem meist keine Endzeitutopien mit allen möglichen bösen, widerwärtigen und antimenschlichen Lebewesen. Das tut gut.

Und so lese ich jetzt Das Rätsel Sigma von Karl-Heinz Tuschel. Schön ist gleich der zweite Satz: „Der Mai des Jahres 1996 hatte bis Mitte der Woche nur Kälte und Regen gebracht, einmal war sogar so etwas wie Schnee auf die mecklenburgische Stadt Neuenwalde herabgerieselt.“ Das Buch ist von 1974 und da war ’96 natürlich Zukunft, während wir a) wissen, dass da schon die Mauer gefallen war und sich b) die Welt ganz schön weiterentwickelt hat, auch technisch.

Bisher (ich bin auf Seite 43) dreht sich das Buch um Herbert Lehmann, der an der Aufklärung plötzlicher Schlafanfälle arbeitet: In Neuenwalde fallen im besagten Mai mehrere Menschen urplötzlich in Schlaf und sind nicht mehr wachzukriegen. Keiner weiß, wieso. Lehmann ist Mathematiker und leitet das „mathematische Büro“ in der „Bezirksinspektion für Umweltschutz“ in einer mecklenburgischen Bezirksstadt.

Auf den „paar“ Seiten, die ich bisher gelesen habe, gibt es schon ein paar tolle Ideen: In Tuschels 1996 ist der „benzinlose Stadtverkehr“ Realität. Das heißt, in allen Städten stehen E-Autos für alle Bürger bereit. Die Autos sind offen, man kauft sich Marken, von denen man eine in einen Schlitz im Auto wirft, dann kann man fahren. Benziner stehen dann in Garagen am Stadtrand, mit ihnen kann man bei Bedarf weiterfahren bzw. ein Fahrer fährt einen.

In der Welt Herbert Lehmanns ist auch schon überall Glasfaser verlegt und Videoanrufe sind für die Menschen das normalste der Welt. Ich erinnere mich daran, Anfang der Neunziger an der Uni an Tests zur „Bildschirmtelefonie“ teilgenommen zu haben und wir dümpelten gerade mal mit Modems herum …

Auch das aktuell viel diskutierte Plastikproblem haben die Menschen in Das Rätsel Sigma fast im Griff: Als man nämlich mehr und mehr Plaste produzierte, stellte die Welt fest, dass es ein Abfallproblem geben würde – und dass man sich damit beschäftigen müsse. So wurden verschiedene Methoden der Verrottung entwickelt und Anfang der 90er entschieden, bei der Produktion von Plastik gleich seine Entsorgung mitzudenken. Heute, 2018, heißt das cradle-to-cradle – und kaum ein Hersteller von irgendetwas scheint sich dafür zu interessieren.

Im Buch arbeitet Lehmanns Frau Wiebke daran, ein neuartiges Plastik ordentlich abzubauen: Gleich mit der Einführung von „Betalon“ wurden Bakterien gezüchtet, die den Stoff so zersetzen können, dass man aus dem Restprodukt wieder neues „Betalon“ machen kann. In der Realität schaffen wir es gerade mal zu Tragetaschen, Fleecepullis und T-Shirts … die aber höchstens noch zu Sargfüßen weiterverarbeitet werden können. Das ist natürlich besser als verbrennen – aber wie schön wäre eine andere Lösung …

Nach meinen knapp 40 Seiten Lektüre bin ich ziemlich beeindruckt, was Tuschel sich schon 1974 ausgedacht hat – zu einer Zeit, in der sich die meisten Menschen noch kaum Gedanken zu all diesen Themen gemacht haben. Es wäre toll gewesen, wenn wir hüben wie drüben schon 1996 Internet, Handys und E-Autos und einen voll funktionsfähigen Plastikkreislauf gehabt hätten.

Was ich denke ist, dass man die Entwicklung manches Mal nicht schneller machen kann. Aber wenn der Mensch sich schon Sachen ausdenken kann, so wie Tuschel es getan hat, dann wäre es manches Mal toll, wenn das Denken auch gleich zu Forschung und Entwicklung führen würde. Vor allen Dingen bei den nützlichen Dingen und nicht nur bei Waffen etc.

Mal sehen, wie es weitergeht im Buch. Vielleicht ist ja die Plasteproduktion schuld an der Schlafkrankheit oder das AKW, aus dem die ersten Fälle kamen.

Abenteuer Futuria

Neulich habe ich „Abenteuer Futuria“ von Klaus Beuchler in die Finger bekommen. Das ist ein Science Fiction, der im Jahr 2071 spielt, Hauptpersonen sind eine Horde Jugendlicher. Das Buch ist von 1974, aus der DDR und mit der dazu passenden Idee einer geeinten Welt, in der alle entsprechend ihrer Neigungen arbeiten und leben.

Manchmal ist es nun ganz spannend, ältere Bücher zu lesen. Vor allen Dingen alte Science Fiction. Da hat sich jemand vor einer ganzen Weile ausgedacht, wie es heute oder in x Jahren auf der Welt aussehen mag. Besonders interessant ist dabei, wie sich die Welt in der Phantasie des Autors weiter entwickeln könnte. Schaut man sich das dann aus der (damaligen) Zukunft an, so kann sich der Leser die Exklusivität leisten, vorgestellte und reale Zukunft zu vergleichen.

Heute will ich mal versuchen, ein paar dieser Ideen mit der Wirklichkeit abzugleichen und euch einladen, euch doch auch Gedanken darüber zu machen, wie die Welt aussehen könnte, was sich schon alles getan hat und einfach mal rumzuspinnen, welche Ideen aus Science Fiction ja vielleicht ganz toll wären.

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Everlasting

„Na, ich finde jedenfalls, ein Science-Fiction-Liebesroman wäre doch auch mal schön.“ Das wünscht sich Eliana, eine Berliner Göre, die Anfang der 2000er Jahre in der Hauptstadt wohnt. Und sie vertraut das ihrem Tagebuch an, neben all den anderen Dingen, die Teenager so wichtig finden und aufschreiben: die Geburtstagsgeschenke, welche Jungs toll sind, wie blöd der Bruder ist (der immer nur die SF-Stories mit den Aliens und dem Geballer liest) und so fort. Sie weiß nichts davon, dass ihre Welt in ein paar Jahren enden, Deutschland mehr oder weniger aussterben und sich die Erde total verändern wird. Sie weiß auch nichts davon, dass ihre Tagebücher rund 250 Jahre überdauern werden – und dann von Finn Nordstrom gelesen werden.

Finn lebt im Jahr 2265. Er ist Historiker, Spezialist für die ausgestorbene deutsche Sprache und Deutschland. Finn lebt in Berlin, ist aber gebürtiger Amerikaner – auch wenn das im jahr 2265 nicht mehr wichtig ist. Er lebt im Märkischen Viertel, das seit einer ganzen Weile kein Stadtteil mehr ist, sondern ein riesiges Wohnheim, das aussieht wie der Rubik’s Cube. Er ist Mitte Zwanzig, ein Alter, in dem in der modernen Welt von den „Prä-Adulten“ erwartet wird, dass sie sich so langsam mal einen Partner suchen, sich seelisch gefestigt haben. Das soll mit 30 abgeschlossen sein. Finn arbeitet wie alle seine Altersgenossen. Er übersetzt Berichte der Deutschen Bank aus den Anfangsjahren des 21. Jahrhunderts ins Englische, eine Arbeit, die er nicht sonderlich spannend findet. Und dann bekommt er eines Tages das Angebot, ein Tagebuch zu übersetzen …

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